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Eine Meldung, wie man sie normalerweise nur aus Österreich oder Bayern erwarten würde, kam vor wenigen Tagen aus Italien. CBD wurde als Betäubungsmittel eingestuft und somit faktisch verboten. CBD ist ab sofort verschreibungspflichtig und somit nur in Apotheken erhältlich.
Es ist immer wieder erstaunlich, wie rasch Verbote über Nacht umgesetzt werden können, während sich eine Legalisierung über Jahre hinzieht. Mit dieser spontanen Gesetzesänderung wurde ein gesamter Industriezweig erschüttert.
Mit THC gleichgesetzt
Auch in Italien ist das Thema Cannabis schon seit Jahren ein Streitpunkt. Immer wieder gab es spontane Lockerungen oder Verschärfungen. Die aktuelle Regierung unter Giorgia Meloni führte jedoch einen Schritt durch, der nur schwierig nachvollziehbar ist. Als Argument wurde die Notwendigkeit und Dringlichkeit genannt, den Cannabiskonsum zu bekämpfen. Das Gesetz wurde in einem Eilverfahren verabschiedet. Das Verbot ist Teil eines Gesamtpakets für dringende Angelegenheiten der öffentlichen Sicherheit. Es stellt sich die Frage, inwiefern CBD die Sicherheit gefährden soll. So absurd das auch erscheinen mag, ist ein rigoroses Verbot von CBD-Produkten in diesem Sicherheitspaket tatsächlich als eigener Punkt angeführt.
Jegliche Arten von CBD-Produkten sind durch dieses Gesetz nur noch mit einem ärztlichen Rezept aus der Apotheke erhältlich. Auf diese Weise wurde es mit medizinischem Cannabis gleichgesetzt. Bereits in der Vergangenheit gab es immer wieder Bestrebungen der italienischen Regierung, CBD zu verbieten. Man befand sich in den vergangenen Jahren mehrmals unmittelbar vor einem Verbot, welches am Ende nicht durchgesetzt werden konnte. Das derzeitige Verbot ist jedoch bereits gültig, da es durch ein Eilverfahren mit hoher Dringlichkeit über Nacht durchgesetzt wurde. Laut italienischer Verfassung hat das Parlament nun 60 Tage Zeit, das Verbot aufzuheben oder abzuändern, bevor es endgültig in die Rechtssprechung integriert wird.
Gesamte Branche vor dem Aus
Ähnlich wie in vielen anderen Ländern hat sich auch in Italien CBD in den vergangenen Jahren zu einem wichtigen Wirtschaftszweig entwickelt. Durch dieses Verbot wurde über Nacht ein gesamter Industriezweig an den Rand des Abgrunds gebracht. Etwa 30.000 Arbeitsplätze werden durch dieses Gesetz vernichtet. Zudem sind 3.000 Unternehmen von einer Insolvenz bedroht.
Von der Opposition wird das Verbot scharf kritisiert, da es den Schwarzmarkt fördert. Insgesamt befindet man sich in der gesamten Branche aktuell in einer starken Unsicherheit, die zwischen Schließungen und rechtlichen Schritten schwankt.
Vereinbarkeit mit EU-Recht mehr als fraglich
Mehrere Interessenvertreter der italienischen Hanfindustrie klagen derzeit gegen dieses Verbot, da es augenscheinlich nicht mit dem EU-Recht vereinbar ist. Das Verbot deklariert einen Artikel als Betäubungsmittel, obwohl jegliche berauschende Wirkung fehlt. Zwar ist die EU nicht gerade für ihre liberale Haltung gegenüber Drogen bekannt, doch eine Einstufung von CBD als Betäubungsmittel ist selbst mit EU-Recht in keiner Weise vereinbar. Es wurde vonseiten der EU mehrfach bestätigt, dass CBD weder psychoaktiv ist noch eine Gefahr für die Gesundheit darstellt.
Die Rechtssprechung des Europäischen Gerichtshofs sieht vor, den Handel von CBD in Mitgliedsstaaten nicht unverhältnismäßig einzuschränken. Genau das passiert aber gerade, wenn tausende Arbeitsplätze vernichtet werden. Ferner steht das Verbot auch mit lokalen italienischen Gesetzen im Widerspruch. Es gibt das Gesetz 242/2016, welches besagt, dass der Anbau und der Verkauf von Nutzhanf mit 0,2 % THC erlaubt sind. Dabei wird ein durch natürliche Schwankungen bedingter Gehalt von bis zu 0,6 % THC straffrei toleriert.
Drakonische Verschärfungen im Straßenverkehr und Entmündigung von Patienten
Nicht nur der CBD-Sektor wurde massiv erschüttert. Vergangenen Dezember trat in Italien die neue Straßenverkehrsordnung in Kraft, die unverhältnismäßige Verschärfungen mit sich brachte. Die Kombination aus CBD und Autofahren ist durch diese Verschärfung im Grunde ausgeschlossen. Nachzulesen ist die aktuelle Gesetzesnovelle in Artikel 177 der Straßenverkehrsordnung. Dort wird explizit erwähnt, dass beim bloßen Nachweis von Drogen der Führerschein sofort für 3 Jahre entzogen wird. Es gibt keinerlei Grenzwerte. Während es davor nötig war, Ausfallerscheinungen festzustellen, genügt nun der Nachweis geringster Spuren von Drogen, um den Führerschein zu verlieren.
Somit darf jeder, der auch nur einmal pro Woche CBD-Produkte mit Spuren von THC einnimmt, praktisch nie mit einem Auto fahren. Auch Cannabispatienten werden durch diese Gesetzesnovelle faktisch entmündigt. Dieser Umstand führt aktuell zu kontroversen Diskussionen, die auch von lokalen Medien immer wieder aufgegriffen werden. Diese vollkommen unhaltbare Willkür lässt den Anschein erwecken, dass Italien jetzt das neue Bayern geworden ist. Ähnlich wie man es von CDU und CSU kennt, halten sich leider auch in anderen Ländern noch konservative Überzeugungen, die lange überholt sind. Es bleibt zu hoffen, dass die Gesetzesänderung vor dem EU-Recht nicht standhält und nicht ein gesamter Wirtschaftszweig unnötig vernichtet wird.