Frankreich galt lange als einer der strengsten Staaten in Europa, wenn es um Hanfpolitik ging. Während Länder wie Deutschland oder Italien medizinische Programme ausbauten, blieb Paris zurückhaltend. Erst im Jahr 2021 startete ein Pilotprojekt, das rund 3000 Patienten einschloss. Sie erhielten medizinischen Hanf vor allem bei chronischen Schmerzen, Epilepsie und neurologischen Erkrankungen.
Die Erfahrungen aus dieser Phase sind gemischt: Viele Patienten berichteten von einer spürbaren Verbesserung ihrer Lebensqualität, gleichzeitig blieb die Versorgung schwierig. Nur wenige Apotheken waren autorisiert, die Produkte abzugeben, und die Auswahl an Präparaten war sehr begrenzt. Für die Betroffenen bedeutete das lange Wartezeiten und Unsicherheit.
Von der Testphase zur regulären Versorgung
Nach vier Jahren will die französische Regierung nun den entscheidenden Schritt gehen. Die Übergangsphase soll beendet und ein reguläres Versorgungssystem eingeführt werden. Geplant ist, dass Ärzte mehr Verschreibungsrechte erhalten und Apotheken im ganzen Land medizinischen Hanf anbieten dürfen. Für Patienten bedeutet das nicht nur einen besseren Zugang, sondern auch Anerkennung: Die Therapie mit Hanf wird damit offiziell im französischen Gesundheitssystem verankert.
Politischer Kurswechsel mit europäischer Strahlkraft
Die Entscheidung ist bemerkenswert, denn Frankreich war bislang stark von einer repressiven Drogenpolitik geprägt. Der Freizeitgebrauch bleibt weiterhin strikt verboten, doch mit der Einführung eines regulären medizinischen Systems deutet sich ein politischer Kurswechsel an. Es ist ein klares Signal, dass therapeutische Aspekte stärker ins Gewicht fallen als ideologische Vorbehalte. Patientenorganisationen begrüßen den Schritt ausdrücklich, mahnen jedoch, dass die Umsetzung schnell und unbürokratisch erfolgen müsse. Viele Betroffene hätten in der langen Testphase Zeit und wertvolle Chancen verloren.
Auch Ärzte und Apotheker sehen die Reform als Chance. Sie erhalten künftig einen klareren rechtlichen Rahmen und damit mehr Handlungsspielraum, um Patienten bedarfsgerecht zu versorgen. Das stärkt zugleich das Vertrauen in das System, das bisher von Unsicherheit und Einschränkungen geprägt war.
Chancen für Wirtschaft und internationale Positionierung
Neben der medizinischen Dimension rückt auch die wirtschaftliche Bedeutung in den Vordergrund. Frankreich verfügt über eine ausgebaute pharmazeutische Infrastruktur und könnte sich rasch zu einem der wichtigsten Märkte für medizinischen Hanf in Europa entwickeln. Für internationale Unternehmen eröffnet sich ein attraktives Umfeld, sofern die gesetzlichen Rahmenbedingungen verlässlich ausgestaltet werden. Investitionen in Produktion, Forschung und Vertrieb könnten das Land zu einem zentralen Akteur machen.
Gleichzeitig hat die Reform eine europäische Dimension. Mit Deutschland, Italien und bald auch Frankreich gehören die drei bevölkerungsreichsten Staaten der EU zu den Ländern mit reguliertem Zugang zu medizinischem Hanf. Damit verstärkt sich die Tendenz, dass die therapeutische Nutzung in Europa zunehmend zur Normalität wird. Das stärkt nicht nur die Position europäischer Märkte im internationalen Vergleich, sondern auch die gesellschaftliche Entstigmatisierung.
Ausblick auf Frankreichs neuen Weg
Noch ist offen, wie schnell und umfassend die Umsetzung erfolgen wird. Fragen nach der Vielfalt der verfügbaren Produkte, der Ausgestaltung der Verschreibungsregeln und der konkreten Versorgungspraxis sind noch nicht geklärt. Klar ist jedoch: Frankreich hat den politischen Willen gezeigt, den medizinischen Nutzen der Hanfpflanze nicht länger zu ignorieren.
Damit reiht sich das Land in eine wachsende Zahl europäischer Staaten ein, die den therapeutischen Einsatz anerkennen und regulieren. Für Patienten ist es ein Hoffnungsschimmer, für Ärzte eine Chance und für die Industrie ein Markt mit enormem Potenzial. Frankreich schlägt damit einen neuen Kurs ein – und verleiht der Debatte um medizinischen Hanf in Europa zusätzlichen Schwung.