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Der GPR18-Rezeptor, auch bekannt als NAGly-Rezeptor, ist ein weiterer Rezeptor des erweiterten Endocannabinoidsystems. Die Definition, ob es sich bei einem Rezeptor um einen Cannabinoidrezeptor handelt, ist relativ unscharf. Man kann sich das am besten veranschaulichen mit der Frage, ob Pluto zu den Planeten zählt.
Fakt ist, dass THC und CBD am GPR18-Rezeptor andocken können. Auch das körpereigene Anandamid wirkt an diesem Rezeptor. Deshalb wird er faktisch zumindest zum erweiterten Endocannabinoidsystem gezählt. In den vergangenen Jahren gab es einige Forschungsarbeiten, die ein besseres Verständnis und einen möglichen therapeutischen Nutzen dieses Rezeptors lieferten.
Mögliches therapeutisches Ziel bei Muskelerkrankungen
Ein kanadisches Forscherteam veröffentlichte eine Studie, die zu dem Ergebnis kam, dass Wirkstoffe, die am GPR18-Rezeptor wirken, ein möglicher neuer Therapieansatz bei einer bestimmten Form von Muskelschwund sein könnten. Ziel der Studie war es, einen neuen Behandlungsansatz für die Duchenne-Muskeldystrophie zu finden. Glucocorticoide, die bislang zum Einsatz kommen, sind zwar wirksam, bringen aber die bekannten Nebenwirkungen mit sich. Bereits frühere Forschungen konnten zeigen, dass Agonisten am GPR18-Rezeptor eine Alternative darstellen könnten.
Bislang galt das Lipid Resolvin-D2 als aussichtsreicher Kandidat, welcher aber einige Probleme mit sich bringt. Dazu zählen seine mangelnde Stabilität und niedrige orale Bioverfügbarkeit. Das Forschungsteam untersuchte in dieser Studie das Potenzial eines neuartigen synthetischen GPR18-Agonisten mit dem Namen PSB-KD107. Durch In-vitro-Versuche konnte gezeigt werden, dass dieser Agonist bestimmte Prozesse, die für das Fortschreiten der Muskeldystrophie verantwortlich sind, hemmen kann. Des Weiteren wurde festgestellt, dass durch diesen Wirkungsmechanismus die Bildung von neuer Muskulatur angeregt werden kann.
Durch Beobachtungen an Mäusen konnte außerdem festgestellt werden, dass über diesen Rezeptor die mit Muskeldystrophie verbundenen Entzündungsreaktionen gehemmt werden. PSB-KD107 wirkt sehr selektiv auf den GPR18-Rezeptor und ist in seiner Wirkung Resolvin-D2 ähnlich. Weitere präklinische Forschungen sind nötig, bis ein Einsatz am Menschen erfolgen kann, jedoch lassen die bisherigen Forschungsergebnisse auf einen möglichen neuen Therapieansatz hoffen.
Interessant für Immunologie und Krebsforschung
Mehrere Studien beschäftigen sich aktuell damit, neue selektive Agonisten für GPR18 zu finden und deren medizinisches Potenzial zu untersuchen. Bislang erwies sich der synthetische Agonist PSB-KK1415 als am potentesten. Durch In-vitro-Versuche konnte gezeigt werden, dass über seinen Wirkungsmechanismus mehrere molekularbiologische Prozesse gesteuert werden können, die zukünftig neue Perspektiven in der Krebsbehandlung sowie im Verständnis von Immunreaktionen bringen könnten. Auch einige Immunzellen haben GPR18-Rezeptoren. Die immunologischen Prozesse, die über diesen Rezeptor gesteuert werden können, sowie deren Interaktion mit Tumorzellen sind derzeit Gegenstand mehrerer Studien.
Aufgrund seiner modulierenden Wirkung auf verschiedene immunologische Prozesse wurde GPR18 bereits in früheren Studien als therapeutisches Ziel bei bestimmten Entzündungen in Erwägung gezogen. Durch Beobachtungen an Mäusen konnte gezeigt werden, dass über eine agonistische Wirkung am GPR18-Rezeptor Entzündungsfaktoren, die mit Colitis in Verbindung stehen, effektiv gehemmt werden können. Auch hier sind noch weitere Forschungen nötig, bis ein therapeutischer Einsatz am Menschen in greifbare Nähe rückt. Jedoch scheint der Rezeptor GPR18 auch hier vielversprechende, neuartige Behandlungsansätze zu bieten.
Erstaunliche Ähnlichkeiten zu klassischen Cannabinoidrezeptoren
Eine polnische Studie beschäftigte sich mit der Beziehung des GPR18-Rezeptors zu den bekannten CB1- und CB2-Rezeptoren. Teil dieser Forschungsarbeit war es, herauszufinden, ob durch Agonisten und Antagonisten am GPR18-Rezeptor vergleichbare Effekte erzielt werden können, wie man sie von den klassischen Cannabinoiden kennt.
Durch Beobachtungen an Mäusen konnte festgestellt werden, dass über den GPR18-Rezeptor einige Effekte ausgelöst werden können, die denen von THC erstaunlich ähnlich waren. Vor allem die Nahrungsaufnahme und die Stimmung wurden in einer ähnlichen Weise beeinflusst, wie man sie von THC kennt. Dies könnte zukünftig ein verbessertes Verständnis für die Behandlung von Essstörungen und seelischen Erkrankungen liefern.
Rolle bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen
In den vergangenen Jahren kamen mehrere Studien unabhängig voneinander zu dem Ergebnis, dass der GPR18-Rezeptor in einem engen Zusammenhang mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen steht. Da über den GPR18-Rezeptor Entzündungen gehemmt werden können, könnte vor allem Arteriosklerose zukünftig auf diesem Weg effektiver behandelt werden.
Der körpereigene GPR18-Agonist Resolvin-D2 scheint hierbei eine entscheidende Rolle zu spielen. Forscher bezeichnen diese Wechselwirkung auch als GPR18-RvD2-Signalachse. Diesen Prozess im Detail zu verstehen, könnte zukünftig dabei helfen, Arteriosklerose und verwandte Erkrankungen effektiver zu therapieren.