Wie in allen arabischen Ländern herrschen auch im Libanon strenge Drogengesetze. Der Besitz kleinster Mengen ist mit drakonischen Strafen bedroht. Selbst CBD ist illegal. Dennoch ist der Libanon einer der weltweit größten Produzenten von Haschisch. Jeder kennt legendäre Haschischsorten wie den roten Libanesen, dessen Ursprung seiner roten Farbe bis heute ein gewisses Mysterium bleibt.
Bereits seit mehreren Jahren wird selbst im Libanon darüber diskutiert, Cannabis für medizinische Zwecke freizugeben. Ein entsprechendes Gesetz kam mehrmals ins Stocken, doch nun zeichnet sich seine Umsetzung ab. Der Hauptgrund ist jedoch nicht die Gesundheit der Menschen. Vor allem eine pleite Staatskasse führte dazu, Cannabis als Einkommensquelle in Erwägung zu ziehen. Dennoch ist dies für ein arabisches Land ein erheblicher Fortschritt.
Illegaler Anbau als Lebensgrundlage
Wie in vielen arabischen Ländern herrscht auch im Libanon eine absurde Ambivalenz rund um Cannabis. Trotz strengem Verbot hat der Anbau von Hanf eine lange Tradition und machte das Land zu einem der weltgrößten Exporteure. Vor allem im Bekaa-Tal herrschen ideale klimatische Bedingungen. Für die dortigen Bewohner ist Hanf die einzige Möglichkeit, sich den Lebensunterhalt zu sichern.
Infolge der Illegalität sind die Bauern Ziel von Verfolgung, doch der Anbau konnte bis heute nicht gestoppt werden. Seit einigen Jahren versucht die Regierung, neue Wege zu gehen und den Anbau zumindest für medizinische Zwecke zu legalisieren.
Der jahrelange Weg zur Liberalisierung
Bereits 2018 gab Parlamentspräsident Nabih Berri bekannt, einen Gesetzesentwurf zur medizinischen Nutzung von Cannabis vorzubereiten. Als Vorbild wurde dabei die medizinische Nutzung in vielen europäischen Ländern und den USA genannt. Neben medizinischem Cannabis sollte auch der Anbau von Nutzhanf legalisiert werden. Im Jahr 2020 wurde das Gesetz offiziell verabschiedet, doch seine Umsetzung verlief immer wieder im Sand. Die wirtschaftliche Lage des Landes verschlechterte sich in den vergangenen Jahren drastisch, sodass Cannabis als staatliche Einnahmequelle wieder an Bedeutung gewann. Eine rasche Umsetzung ist jetzt somit dringender denn je.
Staatskasse auffüllen und Schwarzmarkt bekämpfen
Eine eigene Regierungsbehörde wurde damit beauftragt, Maßnahmen zu ergreifen, um das Haushaltsdefizit zu reduzieren. Im Zuge dessen wurde die damalige Legalisierung von medizinischem Cannabis wieder aufgegriffen. Offizielle Schätzungen gehen davon aus, dass der Staat mit dem Anbau von Cannabis pro Jahr Einnahmen von bis zu einer Milliarde US-Dollar erwirtschaften kann. Das angebaute Cannabis soll dabei an lokale und internationale Pharmaunternehmen verkauft werden. Gleichzeitig möchte man mit dieser Maßnahme den Schwarzmarkt zurückdrängen.
Wie der Fernsehsender Al Jazeera kürzlich berichtete, befindet sich der Libanon mit diesem Schritt nun an einem historischen Wendepunkt: Die seit Jahrzehnten andauernde Verfolgung der Hanfbauern, die gezwungen waren, im Geheimen zu arbeiten, findet ein Ende. Auch wenn der Freizeitkonsum weiterhin strikt verboten ist und lediglich wirtschaftliche Interessen im Vordergrund stehen, geht der Libanon damit einen ersten Schritt in die richtige Richtung.
Wissenschaftliche Fakten auch im Libanon anerkannt
Trotz restriktiver Drogenpolitik verschließt man sich selbst im Libanon nicht gänzlich den wissenschaftlichen Fakten. Insbesondere die Gesetzesänderung 2020 brachte frischen Wind in die evidenzbasierte Neubewertung von Cannabis. Die Abteilung für Psychiatrie an der Saint Joseph Universität in Beirut veröffentlichte 2022 eine Forschungsarbeit, die sich mit der aktuellen Studienlage der Pflanze beschäftigte. Vorliegende Erkenntnisse aus anderen Ländern wurden geprüft und bewertet. Auch hier kam man zu dem Schluss, dass eine Freigabe nicht zu einem explosionsartigen Anstieg des Konsums führt.
Die hartnäckige These der Einstiegsdroge wurde ebenfalls entkräftet. Stattdessen wurde auf zahlreiche Erkrankungen verwiesen, bei denen Cannabis nachweislich einen therapeutischen Nutzen hat. Bereits vor der Gesetzesänderung 2020 mehrten sich die Stimmen, die sich für eine Neubewertung von Cannabis aussprachen.
Der nationale libanesische Ethikbeirat empfahl, Cannabis in einem evidenzbasierten Rahmen bei Erkrankungen anzuwenden. Auch die libanesische psychiatrische Gesellschaft gab bereits 2020 bekannt, dass den allermeisten Konsumenten die möglichen Risiken bekannt sind. Gleichzeitig betonte sie, dass psychiatrische Komplikationen nur bei einer Minderheit der Konsumenten auftreten.
Quellen
Beginn der Umsetzung:
turkiyetoday.com
mugglehead.com
Erste Ankündigung 2018:
reuters.com
Studien aus Beirut:
pmc.ncbi.nlm.nih.gov





















