Der deutsche Drogenbeauftragte Hendrik Streeck (CDU) gab kürzlich der FAZ ein Interview, in dem er sich kritisch über das aktuelle Cannabisgesetz äußerte und mehrere Verschärfungen forderte. Vor allem der derzeitige Umgang mit Medizinalcannabis wurde kritisiert – eine Notlösung, die nur deshalb existiere, weil bis heute keine Fachgeschäfte zugelassen sind und Anbauvereine aktiv sabotiert würden.
Trotz restriktiver CDU-Parteilinie sprach sich Streeck im Gegensatz zu seinen Vorgängern jedoch für Schadensminimierung durch Drug-Checking aus und betonte, Freizeitkonsumenten nicht wieder auf den Schwarzmarkt zurückdrängen zu wollen.
„Missbrauch“ von Medizinalcannabis
Wie Nina Warken ist auch Hendrik Streeck ein Gegner von Onlineverschreibungen und wies darauf hin, dass der Import von medizinischem Cannabis infolge dieser Praxis um 430 Prozent angestiegen sei. Streeck sprach in diesem Zusammenhang von „Dealern in weißen Kitteln“ und möchte Onlinerezepten einen Riegel vorschiebenn. Er verwies dabei auf den kürzlich im Kabinett beschlossenen Gesetzesentwurf von Nina Warken, der jedoch noch im Bundestag verabschiedet werden müsse. Streeck betonte, dass dieser Entwurf kritisch zu prüfen sei, um etwaige Schlupflöcher sicher zu vermeiden.
„Dealer in weißen Kitteln“ waren Ärzte im übertragenen Sinn schon immer: Benzodiazepine, Opioide und viele weitere Medikamente sind nichts anderes als harte Drogen – verpackt in einem bunten Päckchen. Tatsächlich zählt hier Cannabis zu den ungefährlichsten Substanzen, die verschrieben werden können. Nach Ansicht des Drogenbeauftragten soll Cannabis künftig nur bei wenigen Erkrankungen mit ausreichender wissenschaftlicher Evidenz für seine Wirksamkeit verschrieben werden dürfen – eine Aussage, die nicht dem aktuellen Stand der Forschung entspricht. Die Liste an Krankheiten, bei denen Cannabis zumindest eine Linderung bewirken kann, ist lang.
Auch die Möglichkeit, medizinisches Cannabis ausschließlich auf orale Fertigpräparate wie Kapseln zu beschränken, wurde in den Raum gestellt. Dabei bleibt jedoch unberücksichtigt, dass viele Patienten auf einen raschen Wirkungseintritt angewiesen sind, der nur durch inhalativen Konsum erreicht werden kann. Zudem geht in Fertigarzneimitteln, die meist isolierte Einzelwirkstoffe enthalten, der sogenannte Entourage-Effekt verloren – also das Zusammenspiel verschiedener Wirkstoffe, das die Wirkung der Pflanze insgesamt verstärkt.
Rauschgift und Zellgift
Im Interview wurde auch die genaue Bedeutung des Begriffs „Droge“ diskutiert – mit dem Ergebnis, dass streng genommen auch Kaffee und Baldrian Drogen sind. Gleichzeitig merkte Streeck jedoch an, dass die korrekte Bezeichnung eigentlich „Rauschgift“ lauten müsse – eine Formulierung, die im Zusammenhang mit Cannabis an eine längst überholte Prohibitionsideologie erinnert.
Auch die Diskussion über die Ungleichbehandlung von Cannabis gegenüber Alkohol war erwartungsgemäß von ideologischen Ansichten geprägt. Mit dem Argument, dass Alkohol ebenfalls ein Zellgift sei, wurde Cannabis indirekt als solches bezeichnet – was wissenschaftlich falsch ist. Zudem wurde behauptet, Alkohol könne im Gegensatz zu Cannabis keine psychischen Erkrankungen auslösen, was ebenfalls nicht den Tatsachen entspricht. Im Gegenteil: Es gibt eine ganze Reihe psychiatrischer Krankheitsbilder, die in direktem Zusammenhang mit Alkoholkonsum stehen. Alkohol, der tatsächlich ein Zellgift ist, kann das Gehirn nachweislich schwer schädigen.
Schwarzmarkt zurückdrängen
Auch wenn aus dem Interview hervorging, das Cannabisgesetz nicht gänzlich zurückdrehen zu wollen, ist mit weiteren Einschränkungen zu rechnen. Nach Ansicht des Drogenbeauftragten sind drei Pflanzen pro Haushalt und 25 Gramm unterwegs eine zu große Menge für den Eigenbedarf. Er sprach von einer „Dealermenge“, die es der Polizei erschwere, Konsumenten von Dealern zu unterscheiden. Gleichzeitig wies er aber darauf hin, fünf Millionen regelmäßigen Konsumenten einen legalen Zugang bieten zu müssen.
Im Gegensatz zu seinen Vorgängern sprach sich Streeck für Drug-Checking aus. Da der Konsum nie gänzlich verhindert werden könne, nannte er Drug-Checking als geeignetes Mittel, um den Konsum so risikoarm wie möglich zu gestalten – insbesondere bei neuartigen synthetischen Drogen, die vermehrt auf dem Schwarzmarkt auftauchen.
Thematisiert wurde außerdem der rückläufige Konsum unter Jugendlichen. Diesen bezeichnete Streeck jedoch als zweifelhaften Erfolg und führte ihn darauf zurück, dass weniger Jugendliche von der Polizei aufgegriffen werden, da Cannabiskonsum keine Straftat mehr ist. Dadurch würden Jugendliche nicht mehr automatisch zur Suchthilfe geschickt und tauchten folglich nicht mehr in der Statistik auf.
Streeck kündigte an, dass die CDU das bestehende Cannabisgesetz noch einmal überarbeiten werde.
Fotocredit: https://www.facebook.com/hendrikstreeck/photos/
 





















