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Mit den Anbauvereinigungen für Cannabis – den sogenannten Cannabis Social Clubs (CSCs) – läuft es in Deutschland aktuell noch immer nicht ideal. Auch wenn sich genügend interessierte Personen zusammentaten und auf die notwendigen Genehmigungen ihrer Vereine hofften, machten in erster Linie bürokratische Hürden im Staatsapparat vielen Clubs einen Strich durch die Rechnung, schnellstmöglich mit dem Anbau und der anschließenden Ausgabe begehrter Pflanzenknospen beginnen zu dürfen. Selbst wenn seit Juli vergangenen Jahres die zwingend benötigten Lizenzen vergeben werden, erhielten bislang deutschlandweit nur wenige CSCs die entsprechenden Genehmigungen.
Lange Zeit herrschten in den Bundesländern Unklarheiten, da nicht einmal rechtzeitig festgelegt werden konnte, welche Behörden für die Erteilung und spätere Überprüfung der Genehmigungen zuständig sein sollten. Nur in Niedersachsen erhielt bereits wenige Tage nach der gesetzlichen Erlaubnis der erste Club eine Lizenz – was als historischer Schritt für den Verbraucherschutz und kontrollierten Cannabisanbau gefeiert wurde. Gerade in Bayern, wo man die Entwicklung aus konservativer Perspektive mit Skepsis betrachtet, tat man sich besonders schwer. Erst im vergangenen Monat erhielten die ersten drei CSCs eine offizielle Genehmigung für ihre geplanten Aktivitäten. Dass dies aber nur bedingt den Startschuss in eine grüne Zukunft im Freistaat darstellt, zeigt ein groteskes Beispiel aus Aschaffenburg. Dort wurde in einem Gebiet, in dem ein Cannabis Social Club geplant war, kurzerhand ein kleiner Spielplatz errichtet – offenbar mit dem Ziel, den Verein zu verhindern.
Ein Schaukelpferd und eine Hütte
Ein bekannter bayerischer Aktivist und Geschäftsmann hatte im Februar 2024 in der Gemeinde Aschaffenburg ein Hanffachgeschäft eröffnet, in dem seither verschiedene Produkte für Cannabisfreunde und Züchter angeboten werden. Zudem war die Gründung eines Cannabis Social Clubs für eingeschriebene Mitglieder geplant, damit Cannabis gesetzeskonform angebaut und ausgegeben werden kann. Doch offenbar war diese Vorstellung vielen Mitgliedern des Gemeinderats ein Dorn im Auge – und so ließ man sich im Namen der „Bürger“ eine List einfallen.
Um die Lizenzvergabe und den darauffolgenden Betrieb des CSC zu verhindern, nutzte man eine Regelung aus dem Cannabisgesetz, wonach Konsum und Vereinsaktivitäten in der Nähe von Schulen, Sportstätten und Jugendeinrichtungen untersagt sind. Auch wenn sich ein Spielplatz innerhalb eines Radius von 200 Metern befindet, darf ein solcher Club dort nicht genehmigt werden. Laut einem Bericht der Abendzeitung München wurde daher ein kleines, zuvor ungenutztes Rechteck eingezäunt und mit einem Schaukelpferd sowie einem Häuschen für Kinder ausgestattet. Zwar habe man dort bisher keine Kinder spielen sehen, berichtet der betroffene Aktivist – doch allein die Existenz des Spielplatzes reichte aus, um die Genehmigung für den Cannabis Social Club abzulehnen.
Angst vor Hanftourismus
Obwohl ein CSC maximal 500 Mitglieder mit bis zu 50 Gramm Cannabis pro Monat versorgen darf, herrschte in Aschaffenburg offenbar die Sorge, ein solcher Club könnte eine Welle von Hanftouristen anziehen. Dabei war der Gesetzgeber gerade angetreten, um mit der Teillegalisierung unkontrollierte Szenarien wie diese zu vermeiden. Der Betreiber des Hanffachgeschäfts betont, dass alles nach den klaren gesetzlichen Vorgaben verlaufen sollte – kontrollierter Anbau und Abgabe nur an Vereinsmitglieder. Dennoch plant er, das Gebiet im August vollständig zu verlassen. Für die Gemeinde offenbar kein allzu großer Verlust – obwohl es sich um ein 800 Quadratmeter großes Gewerbeobjekt mit 10.000 € Monatsmiete handelt.
Doch ein teurer, ungenutzter Spielplatz und neue Argumente für Justiz und Polizei, das Cannabisgesetz als wirkungslos zu kritisieren, scheinen einigen Entscheidungsträgern wichtiger zu sein. Dass der Betroffene nun am vergangenen Donnerstag erneut Besuch von der Polizei in drei seiner Geschäfte erhielt – wegen des erneut erhobenen Vorwurfs des „vorsätzlichen Handeltreibens mit Cannabis“ – ist dann wohl nur noch das sprichwörtliche Salz in der Suppe.