Auf ProSieben lief kürzlich die Pilotfolge der neuen Unterhaltungssendung „Experte für alles“. Zur Premiere ging es mit Moderator Klaas Heufer-Umlauf gleich um den Qualitätstest für Hanfprodukte. Einen als Show inszenierten Vergleich von Cannabis aus der Apotheke mit Gras vom Dealer um die Ecke hatten wir noch nicht – wo also gibt es das beste Marihuana zu kaufen?
Eine Cannabis-Legalisierung ohne Fachgeschäfte…
…ist fast so grotesk wie die Vorhölle für ungetauft verstorbene Babys. Und Hanfprodukte zu besorgen, kann manchmal mit ähnlichen Risiken behaftet sein wie das Eindecken mit Alkohol beim Schnapsbrenner in Kabul. Letztes Jahr kam es in der Bundesrepublik zwar tatsächlich zur grundsätzlichen Entkriminalisierung von Hanf und Kiffen, doch so richtig durchdacht war dieses Projekt der Ampel-Koalition nicht.
Erwachsene dürfen zu Hause bis zu drei Hanfpflanzen anbauen und sich in Cannabis Social Clubs gemeinsam der Zucht widmen – ansonsten aber keinerlei THC direkt im Fachhandel vor Ort erwerben oder die begehrten Cannabinoide in Online-Shops bestellen. Ein deutscher Sonderweg also, wie gewohnt sinnlos bürokratisiert und erwartungsgemäß ziemlich nervtötend für viele Konsumenten. Legalen Bezug von Marihuana mit Qualitätssiegel gibt es faktisch nur in Apotheken – und auch dort nur mit einem Cannabisrezept vom Arzt.
Auf Gespräche mit Doktoren haben mündige THC-User jedoch häufig genauso wenig Lust wie auf das lange Warten einer Lieferung – und kaufen ihr Marihuana deshalb lieber weiterhin beim Dealer. Weil Politiker einer legalen Hanfwirtschaft in der BRD dieselben Machenschaften wie einem mexikanischen Drogenkartell zutrauen, wird die wichtige Legalisierung ohne Not verstümmelt – und eigentlich vom Staat zu beaufsichtigende Qualitätstests übernehmen nun das Privatfernsehen und Showmaster wie Klaas Heufer-Umlauf.
Wie gut oder schlecht ist das Gras vom Dealer?
Der Schwarzmarkt floriert außerordentlich und freut sich diebisch über jene bisher fehlenden Cannabis-Fachgeschäfte, die erst irgendwann in ferner Zukunft nach Abschluss von Modellprojekten an den Start gehen sollen. Bis dahin wird das organisierte Verbrechen trotz Legalisierung glänzende Geschäfte machen – und kann seine Kundschaft bei der verkauften Ware betrügen, komplett abziehen oder auch mal ein paar fiese Streckmittel in den Hanf mischen.
Weil Dealer jedoch normalerweise an dauerhaftem Profit mehr Interesse haben als an vergifteten Kiffern – und weil Haschisch und Marihuana auch keine so gefährlichen Substanzen sind wie etwa Fentanyl – bedient das illegale Gewerbe die Nachfrage meistens ganz ordentlich. Die meisten Dealer bieten seit der Freigabe viele neue Strains mit noch mehr THC zum Kauf an und bemühen sich um halbwegs zuverlässige Qualität.
Trotzdem wäre ein Check vom Gras durch Behörden sehr wünschenswert – und legale Konkurrenz für Apotheken ist sowieso immer sinnvoll. Bier, Zigaretten oder rezeptpflichtige Medikamente durchleuchtet Vater Staat vor jeder Zulassung gründlich – wieso funktioniert das bei Cannabinoiden nicht?
Wer hierzulande auch nur den Moped-Führerschein machen möchte, muss seine Fahrtüchtigkeit durch das Bestehen von maximal ausgefeilten Prüfungen aufwendig nachweisen und viel Geld ausgeben, während es für legales Cannabis weder eigene Läden noch Kontrollen gibt. Wie es um die Grasqualität je nach Bezugsquelle aussieht, erfahren Verbraucher hierzulande nicht von Behörden – sondern bei ProSieben. Wie krass ist das denn?
Service, Preise und Verfügbarkeit: Medizinische Hanfprodukte im TV-Check
Die Rampensau Klaas Heufer-Umlauf nennt sich also „Experte für alles“ und gibt dementsprechend Auskunft zum Thema Cannabis – was im TV dann auch ähnlich gute Quoten bringt wie Sex oder besonders schlechte Nachrichten. Bei ProSieben wurden zum THC diesmal immerhin keine direkten Verbindungen zwischen Kiffen und Kokain konstruiert, und auch Psychosen spielten ausnahmsweise keine Rolle – wie nett!
Heufer-Umlauf ließ medizinisches Gras in Online-Apotheken bestellen und im Geschäft abholen – und schaute sich im Anschluss Cannabis vom Schwarzmarkt an. Jene illegal feilgebotenen Cannabinoide kauften laut TV-Sender allerdings keine Mitarbeiter von ProSieben selbst, und auch die eigentlichen Prüfungen wurden anonymisiert durchgeführt. Laut diesem Qualitätstest für Hanfprodukte schnitt die Apotheke dann summa summarum klar besser ab – und überzeugte bei Preis, Aroma und Beratung gleichermaßen.
Da die Pharmaspezialisten mehrere Hundert Cannabis-Sorten zur Auswahl bieten und naturgemäß mehr Zeit für Fragen ihrer Kundschaft haben als Dealer im Park, gewinnt das legale Gewerbe auf ganzer Linie – beinahe. Verbraucher müssen nämlich wenig erfreuliche Lieferzeiten von mehreren Tagen einplanen, während es auf dem Schwarzmarkt THC gegen Cash in der Regel sofort gibt. Rezept holen und Gras danach direkt mitnehmen – das geht bisher in keiner Apotheke. Spontanes Kiffen muss also leider ausfallen.
Laut Klaas Heufer-Umlauf lohnt sich das Warten mit Blick auf die stets garantierte Qualität trotzdem – und es wird ziemlich pauschal unterstellt, dass bei Dealern ständig mit zahllosen Verunreinigungen zu rechnen sei. Ob das so stimmt, ist eine andere Frage. Welche Bedeutung die „Öffnungszeiten“ beim Kauf von Grasblüten für Konsumierende tatsächlich haben, ließ sich abschließend auch in der neuen TV-Show nicht klären. Aber mit 780.000 Zuschauern und einem Marktanteil von über 10 Prozent in der wichtigen Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen fuhr ProSieben dank Cannabis-Qualitätscheck jedenfalls recht starke Quoten ein.
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