Wenn wir den Begriff „Cannabisbranche“ oder „Hanfbranche“ verwenden, klingt das so, als gäbe es einen einzelnen Geschäftsbereich, der sich aus der Nutzung der Hanfpflanze entwickelt hat. Eigentlich aber bietet das Gewächs eine schier unvorstellbare Anzahl an Möglichkeiten und kann als Rohstoff für so viele Produkte eingesetzt werden. Man müsste wahrscheinlich also den Plural verwenden und demnach über die Cannabisbranchen reden, wenn man den Wirtschaftsbereich als Ganzes einbeziehen möchte.
Die meisten Hersteller, die mit Hanf arbeiten, spezialisieren sich auf eine Verwendungsmöglichkeit oder zumindest nur auf eine begrenzte Anzahl von artverwandten Verwendungsmöglichkeiten. Bei Vertriebsunternehmen und Ladengeschäften ist es etwas anders. Sie arbeiten zumeist mit einer Produktpalette von gewisser Breite, oft geht das Know-how und die Spezialisierung dafür aber weniger in die Tiefe.
Ganz anders ist es bei der Hanf Centrale. Sie widmet sich sowohl dem Handel als auch den vielen Schritten der Wertschöpfung in der Herstellung von Hanfprodukten. Aber auch vor allem die persönliche Beziehung und Nähe zur Pflanze und das Interesse an ihren Möglichkeiten und Potenzialen sorgen dafür, dass Herz und Verstand gleichermaßen beim Hanf und auch beim Kunden sind. In der Unterhaltung mit dem Gründer Steffen Westhelle konnten wir die Hanf Centrale ein wenig besser kennenlernen.
Hanf Magazin: Auf der Hanf Centrale Website im Bereich „Über uns“ kann man einige Informationen zur Geschichte der Hanfpflanze lesen. Ich würde nun gern mehr über die Geschichte von Hanf Centrale erfahren. Kannst Du das Unternehmen ein wenig vorstellen? Wie ist es entstanden? Wer bildet den Kern des Teams?
Steffen Westhelle: Das mache ich sehr gerne. Alles hat mit mir und meiner Krankheitsgeschichte zu tun. Ich bin Schmerzpatient und bin über das medizinische Cannabis, welches ich vom Arzt bekomme, zum CBD gekommen. Dadurch hat sich bei mir der Wunsch entwickelt, CBD bekannter zu machen und dieses den Menschen näher zu bringen. Das war mein Start in das ganze Thema und dann ging es los. Produkte suchen und finden, Standorte für einen eventuellen Laden begutachten und überlegen, wie und ob das hinhauen kann. Einer meiner besten Freunde hat das alles miterlebt und mich in dieser Zeit schon mächtig unterstützt. Das ist Dennis, er ist auch Schmerz- und Cannabis-Patient und arbeitet heute bei mir in der Hanf Centrale zudem ist er die zweite treibende Kraft im Laden. Vorher hat er in der Spielbank Kassel gearbeitet und hat parallel schon beim Aufbau mitgeholfen.
Dann haben wir noch unsere gute Seele, die liebe Annika. Sie unterstützt uns jeden Tag mit vollem Einsatz im Laden und bei den Kunden. Sie ist eine hoch kompetente Ansprechpartnerin für all unsere Kunden und wird von allen sehr geschätzt. Sie hat ein Studium der Biologie begonnen und hat dann in den Physio Bereich gewechselt. Sie ist bei uns halbtags beschäftigt und somit regelmäßig im Laden anzutreffen. Mehr Mitarbeiter haben wir leider nicht mehr, da Corona uns stark gebeutelt hat und wir leider zwei hervorragende Mitarbeiter in andere Jobs entlassen mussten.
Hanf Magazin: Also als Besucher der Homepage und des Onlineshops weiß man natürlich, dass es bei Euch allerlei Produkte rund um CBD und Hanf zu kaufen gibt. Hat die Hanf Centrale den Ursprung eher im Vertrieb oder auch in der Herstellung solcher Produkte?
Steffen Westhelle: Das ist eine sehr gute Frage. Zu Beginn habe ich mich darauf konzentriert, hochwertige Produkte als Handelsware zu finden. Da dieses im Bereich CBD in 2016/2017 noch deutlich schwerer war, habe ich begonnen, mir Produktionspartner zu suchen. Seit diesem Zeitpunkt habe ich begonnen, die Marke CBDLIS® Cannabis Vitalis mit hochwertigen CBD Aroma Produkten aufzubauen.
Dieses gelingt uns durch Mundpropaganda und Empfehlungen ganz gut. Weiterhin haben wir unsere Hanfprodukte, die wir auch immer weiter entwickeln. Angefangen bei den Ölen bis zu den Hanfschalen, die als Ballaststoffe und als Peeling Anwendung finden können. Derzeit sind wir parallel an der Produktion eines med. techn. Grinders aus Edelstahl beteiligt. So gehen wir in den verschiedensten Bereichen der Entwicklung neuer Produkte nach.
Hanf Magazin: Das Sortiment im Shop ist sehr umfangreich und zieht sich quer durch die verschiedenen Lebensbereiche, Nahrung, Kosmetik, Nahrungsergänzung, Bekleidung, Konsumenten-Bedarf und Weiteres. Ist dieser Umfang schon seit je her Teil des Konzepts hinter Hanf Centrale oder hat sich das eher ergeben, nachdem Ihr mit einem Produktbereich begonnen hattet?
Steffen Westhelle:Die Produktpalette der Hanf Centrale ist schon je her auf Breite angelegt. Mein Ziel ist es gewesen, den Kunden das gesamte Spektrum des Hanfes vor Augen zu halten. Also haben wir mit einer kleineren Auswahl von Lebensmitteln, Kleidung, Kosmetik, Taschen usw. begonnen. Daher ist auch der Name Hanf Centrale entsprungen. Hier sollte es nach Möglichkeit alles aus Hanf geben. So wie es bei einer Warenzentrale oder auf dem Land-Hof früher der Fall war.
Die große Vielfalt an Produkten ist dann mit der Zeit dazu gekommen. Immer wenn uns Kunden nach bestimmten Produkten gefragt haben, ist etwas dazu gekommen. In dem Punkt der Nahrungsergänzungsmittel bin ich tatsächlich etwas egoistisch, wir haben viele Produkte, die ich persönlich benötige oder benötigt habe, damit es mir besser geht und damit ich diesen Traumjob der Hanf Centrale erfüllen kann. Dabei ist mein Motto immer, dass Produkte in unserem Sortiment erst durch mich und meine Mitarbeiter getestet werden. Anders können wir die positiven Erfahrungen, die wir mit dem Produkt gemacht haben, nicht glaubhaft vermitteln.
Hanf Magazin: Den sogenannten Flagship Store hat die Hanf Centrale in Kassel. Von anderen Geschäften in der gleichen Branche bekommt man immer wieder berichtet, dass sie sich im Visier der Behörden befinden oder zumindest einige schlechte Erfahrungen machen mussten. Kennt Ihr so was auch oder kommt Ihr gut mit Administration und Beamten aus?
Steffen Westhelle: Der Flagship Store ist bis dato leider noch kein Flagship, da hat uns Corona einen ordentlichen Strich durch die Rechnung gemacht. Da heißt es, in der Ruhe liegt die Kraft. Bezüglich der Beamten ist in Kassel alles normal. Wer kein Theater macht und sich an die gesetzlichen Vorgaben hält, bekommt auch keine Probleme. Wir haben vor der Eröffnung mit allen gesprochen und glaubhaft versichert, dass wir keinen Ärger haben möchten. Aus diesem Grund bieten wir keine Produkte an, die zweifelhaft sind. Ein CBD Aromaöl muss in Deutschland einen THC-Gehalt von unter 0,005 % aufweisen, damit sich niemand berauschen kann.
Da CBD-Produkte derzeit als Aroma Produkt verkauft werden, haben wir auch keine CBD-Lebensmittel. Diese müssen erst noch deklariert werden. Dafür ist im Dezember 2020 vom EuGH ja auch ein sehr wichtiges Urteil getroffen worden. Wir erwarten, dass nun immer mehr Lebensmittel zugelassen werden und dann auch korrekt auf den Markt gebracht werden können. Bis dahin entwickeln wir unsere eigene Produktserie weiter. Wir haben schon einige Rezepte und Testläufe mit Pesto und Aufstrichen hinter uns, sodass dort auch noch mehr kommen wird.
Hanf Magazin: Eine Reihe von CBD-Produkten, die bei Hanf Centrale erhältlich sind, trägt den Namen CBDLIS®. Ist das eine Marke, die direkt zum Unternehmen gehört?
Steffen Westhelle: CBDLIS® ist direkt meine Marke und man kann durchaus sagen, dass sie zur Hanf Centrale gehört. Unter CBDLIS® werden unsere eigenen Produkte vermarktet, die natürlich allen Anforderungen entsprechen, die wir haben. Als Marke ist CBDLIS® eigenständig und freut sich über Zuwachs an Kunden und Partnern. Derzeit vertreiben wir unsere Produkte in Kassel sowie der Umgebung bei Cult Custom Tattoos in Fritzlar, in Bad Wildungen bei La Corpa Fitness, in Limburg beim Vital Kontor sowie im Internet auf den Webseiten von der Hanf Centrale, CBDLIS® und dem Vital Kontor. Derzeit befinden wir uns in Gesprächen mit befreundeten Unternehmen, sodass wir in naher Zukunft noch mehr Standorte mit unseren Produkten beliefern werden.
Hanf Magazin: Gibt es bei Hanf Centrale etwas, das man als Bestseller bezeichnen könnte, etwas, das sich mit Abstand am besten verkauft? Oder kann man das bei all den unterschiedlichen Produkten gar nicht sagen?
Steffen Westhelle: Als einer unserer Bestseller hat sich natürlich das CBDLIS® CBD Aromaöl entwickelt. Weiterhin haben wir ein breites Spektrum an Nahrungsergänzungsmitteln, welches wir immer mehr verkaufen. Dann sind mit Sicherheit alle Teeprodukte, die wir im Sortiment haben, ein Dauerbrenner. Die Hanf-Stracke als Spitzenprodukt haben wir ja gleich auf dem Schirm…
Hanf Magazin: Ja, genau richtig. Bei der Auswahl von Produkten, die die Hanf Centrale anbietet, sind viele interessante dabei. Eine wirklich besondere Sache ist aber die Hanf-Stracke. Erzähl uns ein wenig darüber! Was für eine Wurst ist das? Welche Zutaten enthält sie? Und woher der Name?
Steffen Westhelle: Die Hanf-Stracke ist eine nordhessische luftgetrocknete Wurst, die es hier in der Region schon immer gibt. Die Bezeichnung Ahle Wurst (Worschd) oder Stracke sind inzwischen als Kulturgut geschützt und sollen so die Tradition bewahren. Hergestellt wird die Stracke aus Schweinefleisch und diversen Gewürzen, dabei haben wir den Hanf noch hinzugefügt, damit wir eine besonders angenehme Geschmacksnote bekommen. Dabei setzen wir voll auf unseren eigenen Hanf (Anbau in Südhessen), den wir auch für unsere CBDLIS® Produkte nutzen und in der Hanf Centrale als Samen oder Öl anbieten.
Die Hanf-Stracke hat ihre eigene Geschichte. Kurzgefasst hat ein guter Freund die erste Charge in Geheimmission erstellt und uns zum einjährigen Geburtstag der Hanf Centrale geschenkt. Damit war der Grundstein gelegt und wir haben die Rezeptur in mehreren Testläufen angepasst. Da jede Charge ca. 4-6 Wochen langsam reifen darf und dann auch noch von unseren Kunden verköstigt werden durfte, hat dieses knapp ein Jahr gedauert. Daher freuen wir uns umso mehr, dass wir die Hanf-Stracke jetzt regelmäßig in unserem Sortiment haben. Da es sehr viele Nachfragen gibt, wird die Hanf Stracke auch im Wurstehimmel (Fleischerei Katharina Koch) in Calden verkauft. Insgeheim hoffen wir alle, die daran beteiligt waren oder sind, dass die Stracke bald im Supermarkt um die Ecke hängt.
Hanf Magazin: Viele CBD-Unternehmen arbeiten fast ausschließlich mit Online-Vertriebsmöglichkeiten. Der Vorteil ist aktuell besonders offensichtlich, denn ein Ladengeschäft steht derzeit mit den Problemen da, die der Corona Lockdown mit sich bringt. Wie hat sich diese Ausnahmesituation bei der Hanf Centrale bemerkbar gemacht? Konntet Ihr das Geschäft durch die ganze Zeit geöffnet lassen, da Ihr auch Lebensmittel anbietet?
Steffen Westhelle: Da haben wir wirklich ein spannendes Thema gehabt und auch ordentlich Stress. Als wir in 2020 den ersten Lockdown hatten, wurden auch wir geschlossen. Das war für uns als Lebensmittelunternehmen natürlich so nicht akzeptabel, daher haben wir uns mit den zuständigen Behörden auseinandergesetzt und durften nach einigen Änderungen im Sortiment nach 3 Wochen wieder öffnen. Besonders wichtig ist dabei zu betonen, dass wir den täglichen Bedarf an Lebensmitteln, Vitaminen, Nahrungsergänzungsmitteln, Kosmetik, Masken, Desinfektionsmittel usw. mit decken konnten und so auch die Situation in anderen Märkten entzerrt haben.
Seitdem haben wir die Hanf Centrale nur an Sonn- und Feiertagen geschlossen. Da wir leider auch Personal entlassen mussten, haben wir die Öffnungszeiten im Lockdown etwas angepasst, dieses werden wir nach dem Lockdown und im Sommer definitiv noch mal anpassen. Eine absolut richtige Entscheidung haben wir auch in Sachen Sicherheit für die Kunden und uns getroffen. Wir haben gleich zu Beginn der Pandemie Infektionsschutz Rollos eingebaut. Zusätzlich haben wir unsere Klimaanlage mit einem sogenannten Virus-Doktor ausgestattet, der die Luft von Viren und Bakterien befreit. Somit sollten wir für jeden ein angenehmes und sicheres Umfeld zum Einkaufen geschaffen haben.
Hanf Magazin: Wenn man beruflich mit Hanf zu tun hat, ist das meist auch mit einer bestimmten politischen oder sozialen Haltung verbunden. Ist die Hanf Centrale politisch? Bemüht Ihr Euch in Eurer Umgebung oder anderweitig Zeichen zu setzen?
Steffen Westhelle: Politisch direkt sind wir nicht. Die Hanf Centrale oder ich persönlich unterstützten keine Partei direkt. Wenn es darum geht, die Welt gesünder zu machen und nachhaltig zu arbeiten, machen wir das natürlich. Der Hanf alleine ist schon ein deutliches Zeichen, wenn man betrachtet, was daraus alles hergestellt werden kann (über 50.000 Produkte). Wir sind dabei, Produkte zu entwickeln, die viel CO2 einsparen werden. Weiterhin versuchen wir bei der Produktion und Entwicklung der Produkte so regional wie möglich zu arbeiten.
Das bedeutet, dass wir unsern Honig vom regionalen Imker (Imkerei Hohmann) beziehen oder dass wir wie bei der Hanf-Stracke auf den eingesessenen Fleischer (Katharina Koch/Wurstehimmel) mit Tradition setzen. Weiterhin haben wir schon einigen Freunden bei der Gründung ihrer Unternehmen geholfen und tun dieses auch jetzt noch. Ein deutliches Zeichen setzten wir mit der Hanf Centrale so oder so. Wir sind in Kassel an der Friedrich-Ebert-Straße ansässig. Dieses ist eine der zwei „Meilen“ in Kassel zum Einkaufen, Flanieren oder Feiern (#mitAbstandDieBesteMeile). So kommt kaum jemand um uns herum und die Menschen werden aufmerksam. Wer dann zu uns kommt und fragt, was es denn so mit dem Hanf auf sich hat, der bekommt einen informativen Rundgang und viele Fakten über den Hanf und das Endocannabinoidsystem geliefert.
In der Hanf Centrale ist der wichtigste Faktor die Aufklärung und die Vermittlung des Wissens um den Hanf und seine Bestandteile. Wer verstanden hat, warum der Hanf so funktioniert, kann diesen dann auch für sich nutzen. Wer weitere Aufklärung haben möchte, bekommt auch gerne noch einen Termin außerhalb der Öffnungszeiten, damit es etwas ruhiger ist. So setzen wir, glaube ich, überall ein kleines Zeichen für und mit dem Hanf.
Hanf Magazin: Wir wagen nun einmal eine eher unrealistische Zukunftsvision: Nach der kommenden Bundestagswahl kommt eine parlamentarische Mehrheit zugunsten einer Legalisierung von Cannabis als Genussmittel zustande, vom Konzept her ähnlich den kanadischen oder US-amerikanischen Vorbildern. Wie würde sich das auf die Hanf Centrale auswirken? Würdet Ihr noch andere THC-reiche Produkte ins Programm nehmen?
Steffen Westhelle: Das ist eine spannende These, die Du da aufstellst. Wenn uns die Möglichkeit gegeben würde, eine Lizenz zu bekommen, dann würden wir selbstverständlich sehr gerne auch mit THC-reichen Produkten unsere Kunden versorgen. Aus meiner Sicht wären das ja die logischen Erweiterungen im Sortiment und im Konzept der Hanf Centrale. Wie das jetzt genau aussehen würde, hängt dann von den Gegebenheiten ab, aber Möglichkeiten und Ideen habe ich ausreichend.
Was für eine wunderbare Vorstellung, man kommt in einen Laden und bekommt sämtliche Produkte in kontrollierter Qualität und mit den richtigen Informationen und das in einem angenehmen Ambiente… Das ist doch gerade der Punkt, wonach sich die Menschen sehnen, wenn sie in kleinen Wein-, Zigarren-, Tee-, Klamotten- oder Lebensmittel-Märkten einkaufen und die Seele baumeln lassen können. Dabei spielt natürlich die Qualität die erste Rolle das ist genauso wie bei allem anderen auch. Klasse statt Masse macht es doch überall aus. Bis jetzt ein wunderbarer Traum, hoffentlich liegt er in nicht allzu ferner Zukunft…