Spanien galt schon lange als ein Vorreiter moderner Cannabispolitik. Social Clubs, die den Anbau und die Ernte von Pflanzen für ihre Mitglieder organisieren, existieren bereits seit über einem Jahrzehnt. Auch der Konsum wurde damals weitgehend geduldet. Spanische Hanffachmessen erfreuten sich zudem stets großer Beliebtheit in der Cannabisszene, da dort recht ungeniert über die neuesten Innovationen rund um den Konsum des Krauts diskutiert werden konnte.
Eine Neuheit in der Welt des Marihuanas waren dann irgendwann auch essbare Produkte, die kommerziell hergestellt, mit Cannabinoiden versetzt wurden und gewöhnlichen Süßigkeiten ähnelten. Dabei griffen die Hersteller wohl auch oft auf synthetische oder halbsynthetische Cannabinoide zurück, deren Wirkung nicht immer leicht einzuschätzen ist. Nun hat das spanische Gesundheitsministerium eine Änderung eines seit 1977 geltenden Gesetzes vorgenommen, welches den Verkauf von Edibles mit halbsynthetischen Cannabinoiden untersagt.
Lange ungehinderter Handel
Bislang wurden diese Waren in Spanien laut Aussage des Stadtrats von Barcelona vermutlich in etwa hundert Einrichtungen verkauft – darunter Cannabisläden wie Growshops, aber auch in Geschäften, die sich eher auf den Verkauf von Lebensmitteln konzentrieren. Wohl auch deshalb, weil die Abteilung für klinische Toxikologie eines Krankenhauses in Barcelona darauf hinwies, dass sich die Zahl der Vergiftungsfälle im Zusammenhang mit cannabisversetzten Süßigkeiten in den letzten zwei Jahren verdoppelt habe, fand nun ein Umdenken statt.
Allein im Jahr 2024 wurden 24 Fälle registriert, in denen Personen – über die Hälfte davon Touristen und Touristinnen mittleren Alters – aufgrund des Verzehrs solcher „Souvenirs“ aus Cannabisshops medizinisch behandelt werden mussten. Die fraglichen Süßigkeiten enthalten zwar üblicherweise kein reguläres THC, sondern halbsynthetische Derivate, die jedoch ähnliche oder sogar noch intensivere Wirkungen als das natürliche, psychoaktiv wirkende Cannabinoid hervorrufen können.
Gesetz über psychotrope Stoffe und verwandte medizinische Zubereitungen
Deswegen wurde das seit 1977 geltende „Gesetz über psychotrope Stoffe und verwandte medizinische Zubereitungen“ um neue Regularien ergänzt, die den Verkauf und Vertrieb von mit Cannabis versetzten Bonbons und Süßigkeiten verbieten. Bereits am 22. April wurde die Anordnung im spanischen Amtsblatt (BOE) veröffentlicht und trat am darauffolgenden Tag in Kraft. Seither gelten die betreffenden Substanzen als Cannabinoide ohne zugelassene medizinische Verwendung und unterliegen neuen „Kontrollmechanismen“.
Infolgedessen kündigte die Stadtverwaltung von Barcelona an, in Zusammenarbeit mit der Gesundheitsbehörde und der örtlichen Polizei verstärkte Kontrollen in den Geschäften durchzuführen, um den Verkauf entsprechender Cannabis-Edibles zu unterbinden. Ein Strafverfahren könne eingeleitet werden, wenn der Verkauf dieser Süßigkeiten festgestellt werde, bestätigte Albert Batlle, stellvertretender Bürgermeister von Barcelona für Sicherheit. Man habe sich bereits zwecks Bestätigung der nun geltenden Rechtslage an die Staatsanwaltschaft und das Gesundheitsministerium gewandt.
Bereits im vergangenen Jahr wurden 45 Inspektionen in 30 Betrieben durchgeführt. Der Stadtrat von Barcelona ging bislang jedoch nur dann gegen den Verkauf dieser Produkte vor, wenn sie unter dem Deckmantel herkömmlicher Lebensmittel angeboten wurden. Die neue Verordnung des Gesundheitsministeriums soll diese bislang bestehende Regelungslücke schließen und den Verkauf von Edibles mit halbsynthetischen Cannabinoiden vollständig unterbinden. Man setze nun auf „aufdecken, bestrafen und verhindern“.