Die kürzlich veröffentlichten Ergebnisse der Evaluierung des CanG konnten klar zeigen, dass durch die teilweise Entkriminalisierung von Cannabis die Anzahl der Verkehrsunfälle nicht gestiegen ist.
Im Gegenteil: Die Daten des Statistischen Bundesamtes zeigten für 2024 sogar einen Rückgang sowohl bei Verletzten als auch Toten auf Deutschlands Straßen. Dennoch bleiben bis heute Cannabiskonsumenten und vermehrt auch Cannabispatienten eine Zielscheibe für unverhältnismäßige Sanktionen. Aktuell fordert der TÜV deutliche Verschärfungen im Straßenverkehr und kritisiert darüber hinaus auch den Onlinehandel mit Cannabis.
Missbrauch des Medikamentenprivilegs
Der TÜV spricht im Zusammenhang mit Online-Rezepten von einem Missbrauch von medizinischem Cannabis und fordert, diese Lücke zu schließen. Dabei verweist er auf den Gesetzentwurf von Nina Warken, der kürzlich im Bundeskabinett beschlossen wurde. Der TÜV weist in einer Pressemitteilung darauf hin, dass vor allem Blüten mit hohem THC-Gehalt verschrieben werden, und spricht dabei von einer missbräuchlichen Verwendung zum Freizeitkonsum. Abgenommen haben hingegen die Verschreibungen von Fertigarzneimitteln auf Cannabisbasis. Kritisiert wird vor allem das Medikamentenprivileg, welches Patienten bei bestimmungsgemäßer Einnahme nicht automatisch vom Straßenverkehr ausschließt.
In diesem Fall gilt der Grenzwert von 3,5 ng/ml nicht automatisch, sofern keine Ausfallerscheinungen bestehen. Übersehen wird allerdings einmal mehr die Tatsache, dass die aktuelle Situation das Resultat von fehlenden Fachgeschäften ist. Gäbe es Fachgeschäfte, wäre der Umweg über Online-Apotheken nicht mehr von Bedeutung. Die Anzahl der Verkehrsteilnehmer, die aufgrund des Medikamentenprivilegs nicht über den Grenzwert belangt werden können, würde dadurch drastisch reduziert. Nebenbei erwähnt würde das auch den noch immer existierenden Schwarzmarkt innerhalb kürzester Zeit eliminieren.
Auch die bestehenden Schikanen gegen Anbauvereinigungen tragen dazu bei, dass sich Online-Apotheken als wichtige Bezugsquelle entwickelt haben. Die Evaluierung konnte zeigen, dass weniger als 0,1 % des Bedarfs durch Anbauvereine gedeckt werden kann. Das Verbot von Online-Rezepten würde die Versorgung von Patienten drastisch verschlechtern und Freizeitkonsumenten auf den Schwarzmarkt drängen.
MPU-Schikanen bei Erstverstoß gefordert
Fani Zaneta, Referentin für Verkehrssicherheit, hält die Anhebung des Grenzwertes auf 3,5 ng/ml für einen verkehrspolitischen Fehler. Sie fordert eine verpflichtende MPU bei einer erstmaligen Übertretung. Auch der Mischkonsum mit Alkohol soll klar verboten und entsprechend sanktioniert werden. Praxistauglich ist diese Forderung allerdings nicht: Diese Verschärfung würde dazu führen, dass Personen ungerechtfertigt zur MPU geschickt werden, die neben erlaubten Mengen Alkohol zusätzlich inaktive Reste von THC aus zurückliegendem Konsum in sich tragen.
Kritische Überprüfung der Fahreignung von Cannabispatienten
Nach Ansicht des TÜV sehen sich viele Patienten aufgrund des Medikamentenprivilegs darin bestätigt, uneingeschränkt fahrtüchtig zu sein. Daher wird für Patienten, die Cannabis als Dauermedikation einnehmen, eine Fahreignungsprüfung empfohlen. Bei Berufskraftfahrern soll diese Überprüfung verpflichtend sein. Die Überprüfung darf hierbei nicht vom behandelnden Arzt durchgeführt werden.
Diese Begutachtung soll neben der Überprüfung der Fahreignung auch mögliche therapeutische Alternativen abseits von Cannabis beinhalten. Wörtlich soll dadurch eine Vernachlässigung anderer therapeutischer Optionen umgangen werden. Ferner soll eine Aufklärungskampagne gestartet werden, die darauf hinweist, dass bei Cannabispatienten nicht automatisch die Fahreignung gewährleistet ist.