Die neue Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) plant einschneidende Maßnahmen zur Regulierung von Cannabis als Medizin. So soll nicht nur die Verschreibung über Online-Plattformen verboten, sondern auch der Versand von Cannabismedikamenten untersagt werden.
Keine Cannabisverordnungen mehr per Telemedizin
Laut einem Referentenentwurf des Bundesgesundheitsministeriums soll die Verschreibung von Cannabis künftig nicht mehr über telemedizinische Dienste möglich sein. Stattdessen sollen Patienten verpflichtend einen persönlichen Arztbesuch in einer Praxis absolvieren. Selbst eine Videosprechstunde soll dem Entwurf zufolge nicht ausreichen, um ein Cannabisrezept zu erhalten.
Verbot des Versands von Cannabismedikamenten geplant
Neben der Verschärfung der Verschreibungsregelungen sieht der Gesetzentwurf auch vor, den Versand von Cannabismedikamenten zu unterbinden. Patienten sollen ihre Medikamente künftig nur noch persönlich in einer Apotheke abholen dürfen. Als Begründung wird angeführt, dass die umfassenden Aufklärungs- und Beratungspflichten im Zusammenhang mit medizinischem Cannabis nur im direkten persönlichen Kontakt mit dem Apothekenpersonal erfüllt werden könnten.
Anstieg der Privatrezeptzahlen durch Telemedizin
Ministerin Warken rechtfertigt ihre Pläne mit dem deutlichen Anstieg der Nachfrage nach medizinischem Cannabis seit der Entkriminalisierung von Cannabis zu Genusszwecken. Laut dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) stieg der Import von medizinischem Cannabis vom ersten zum zweiten Halbjahr um 170 Prozent. Dabei betrifft der Anstieg primär Verordnungen auf Privatrezept, die größtenteils über Telemedizin-Plattformen ausgestellt wurden. Die Anzahl der Verordnungen auf Kassenrezepte nahm hingegen nur um neun Prozent zu.
Schlechtere Versorgung für viele schwer kranke Patienten
Der Gesetzentwurf ignoriert die Bedürfnisse zahlreicher schwer kranker und mobilitätseingeschränkter Patienten. Für viele ist der Zugang zu einer Versorgung mit medizinischem Cannabis nur durch Telemedizin und den Versand über Onlineapotheken überhaupt möglich. Auch in ländlichen Regionen, in denen entsprechende Infrastruktur fehlt, würde eine Umsetzung des Entwurfs zu erheblichen Versorgungslücken führen.
Kritik: Patientenschutz statt Symbolpolitik
Würde der Schutz der Patienten im Vordergrund stehen, müssten gezielte Maßnahmen gegen den Missbrauch von Cannabisverordnungen getroffen werden – etwa verpflichtende Videokonsultationen und verbesserte Verifizierungsmechanismen auf Telemedizinplattformen. Stattdessen wird mit dem Entwurf pauschal der Zugang erschwert – auch für jene, die auf Medizinalcannabis angewiesen sind. Die zentrale Frage bleibt nun, ob der politische und gesellschaftliche Widerstand gegen diesen Entwurf stark genug ist, um seine Umsetzung in der aktuellen Form zu verhindern.