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In einer Folge des Hanffluencer-Podcasts steht ein Thema im Fokus, das oft unsichtbar bleibt: Fibromyalgie. Gemeinsam mit der Gastgeberrunde spricht die Betroffene Janelle, besser bekannt als Nelly Cannabless, offen und eindrucksvoll über ihren Weg mit dieser chronischen Schmerzerkrankung und wie medizinisches Cannabis ihr zu neuer Lebensqualität verholfen hat.
Dieser Podcast wurde von den Hanffluencern am 2. Oktober 2023 auf Spotify unter dem Titel Nr. 30 „Rheuma im Kopf – Kann Cannabis bei Fibromyalgie helfen?“ veröffentlicht.
Fibromyalgie: Eine schwer greifbare Diagnose
Fibromyalgie ist eine chronische Erkrankung, die mit weit verbreiteten Schmerzen, Muskelkrämpfen, Erschöpfung und häufig auch Schlafstörungen einhergeht. Besonders herausfordernd ist, dass die Symptome für Ärztinnen und Ärzte oft schwer objektivierbar sind. So ging es auch Nelly: Schon als Kind litt sie unter starken Kopfschmerzen, im Studium kamen Krämpfe im ganzen Körper hinzu. Die Diagnose erhielt sie schließlich 2019, nachdem viele Ärzte ihre Beschwerden nicht ernst genommen hatten. Die Symptome wurden als Migräne, Muskelkater oder psychosomatisch abgetan.
Zwischen Skepsis und Schmerz: Der lange Weg zur Anerkennung
Die Podcastfolge zeigt eindrücklich, wie wenig sensibilisiert viele Medizinerinnen und Mediziner noch immer sind, wenn es um chronische Schmerzen ohne klar messbare Ursachen geht. Nelly schildert, wie sie oft aufgrund ihres Aussehens nicht ernst genommen wurde: „Sie sind doch schlank, was haben Sie denn für Probleme?“ hörte sie immer wieder. Zwischen Spritzen, Tabletten und Ratlosigkeit fand sie wenig Hilfe – bis sie schließlich auf einen Arzt traf, der sie verstand und die Cannabis-Therapie vorschlug. Der Weg dahin war allerdings steinig: Viele Versuche mit Opiaten wie Tramadol oder Oxycodon führten zu starken Nebenwirkungen, ohne die Schmerzen wirksam zu lindern.
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Cannabis als Wendepunkt
Seitdem hat sich für Nelly vieles verändert. Die Schmerzen wurden weniger, die Lebensqualität kehrte zurück. Anfangs begann sie mit medizinischen Blüten, heute nutzt sie zusätzlich Extrakte wie Rosin und Dab. Gerade diese hoch konzentrierten Formen haben für sie einen spürbaren medizinischen Mehrwert. Was früher von Migräneattacken mit Aura, Geräuschempfindlichkeit und Bewegungsunfähigkeit geprägt war, ist heute besser kontrollierbar. Die Intervalle zwischen den Schüben sind seltener geworden, die Intensität hat deutlich abgenommen. Wichtig ist für sie dabei ein strukturierter Umgang: Sie konsumiert regelmäßig und bewusst – angepasst an Wetter, Tagesform und Muskelstatus.
Selbstermächtigung durch Wissen und Erfahrung
Besonders beeindruckend ist, wie sich Nelly als Expertin für ihre eigene Gesundheit weiterentwickelt hat. Sie weiß genau, welche Sorten ihr guttun, achtet auf die Wirkung der Terpene und Cannabinoide und verfolgt neue Entwicklungen mit großem Interesse. Die Kombination aus medizinischem Konsum, fundiertem Wissen und praktischer Erfahrung macht sie auch zu einer glaubwürdigen Aufklärerin. Sie engagiert sich in der Entstigmatisierung von Cannabis, betreibt den Instagram-Kanal „Nelly Cannabless“ und arbeitet im Bereich E-Commerce sowie in einer MPU-Beratungsstelle, wo sie Betroffene unterstützt – viele davon mit ähnlichem Schicksal.
Kampf um Anerkennung und gegen Vorurteile
Trotz der positiven Erfahrungen mit Cannabis muss Nelly ihren Weg noch immer weitgehend allein gehen. Ihre Cannabis-Medikation wird nicht von der Krankenkasse bezahlt. Ein Antrag wurde abgelehnt, mit der Begründung, sie müsse zunächst andere Medikamente wie Opiate und Antidepressiva ausprobieren. Eine fatale Entscheidung, denn gerade diese Medikamente hatten bei ihr starke Nebenwirkungen – von Konzentrationsproblemen hin zu depressiven Phasen. Auch gesellschaftlich ist der Weg nicht einfach. Viele Menschen in ihrem Umfeld – einschließlich ihrer Familie – begegnen der Therapie mit Skepsis oder Unverständnis.
Verantwortungsvoller Umgang mit Cannabis
Nelly konsumiert Cannabis nicht nur bewusst, sondern auch mit medizinischer Disziplin. Sie passt ihre Dosis je nach Wetterlage und Schmerzzustand an und vermeidet den übermäßigen Einsatz klassischer Schmerzmittel. Stattdessen setzt sie auf Vaporizer, Extrakte und eine Kombination aus Bewegung, Yoga, heißen Bädern und Meditation. Sie spricht offen über die Herausforderungen: Vergesslichkeit, Reizbarkeit oder Überforderung können auch Teil des Alltags sein. Doch insgesamt überwiegen für sie die positiven Effekte: mehr Selbstbestimmung, bessere Kontrolle über die Symptome und weniger Abhängigkeit von chemischen Präparaten.
Fibromyalgie: Die unsichtbare Krankheit sichtbar machen
Im Gespräch wird deutlich, wie wichtig der Austausch über unsichtbare Krankheiten ist. Viele Betroffene erleben ähnliche Frustrationen im Gesundheitswesen, Missverständnisse im sozialen Umfeld oder das Gefühl, nicht ernst genommen zu werden. Nelly zeigt, dass man dennoch seinen Weg finden kann, wenn man auf sich selbst hört, die richtigen Informationen sammelt und Menschen trifft, die einen unterstützen. Besonders wichtig ist ihr der Hinweis: Jede und jeder, der unter Fibromyalgie leidet, hat ein Recht auf eine angemessene Therapie – dazu gehört auch der Zugang zu medizinischem Cannabis.
Ein Leben mit, nicht gegen die Krankheit
Nellys Weg zeigt, dass man mit einer chronischen Erkrankung wie Fibromyalgie lernen kann, im Gleichgewicht zu leben. Sie hat ihre Symptome nicht verdrängt, sondern integriert sie in ihren Alltag. Mit viel Eigeninitiative, fachlichem Interesse und mentaler Stärke hat sie eine Lebensweise gefunden, die für sie funktioniert. Cannabis ist dabei ein zentrales Werkzeug – aber nicht das einzige. Auch Selbstfürsorge, Bewegung, Achtsamkeit und Austausch spielen eine wichtige Rolle.
Cannabis kann helfen, muss aber anerkannt werden
Die Folge mit Nelly Cannabless ist ein eindrucksvolles Beispiel dafür, wie Cannabis als Medizin neue Lebensperspektiven schaffen kann – vorausgesetzt, Betroffene erhalten Zugang und Unterstützung. Die Geschichte zeigt, wie wichtig Aufklärung, Eigenverantwortung und ärztliche Offenheit sind. Es braucht mehr Sichtbarkeit für Erkrankungen wie Fibromyalgie und eine gerechtere Versorgung mit medizinischem Cannabis.
Nellys abschließender Satz bringt es auf den Punkt: „Fibromyalgie ist wie ein Kampf mit einem unsichtbaren Feind. Aber man sollte versuchen, Frieden zu schließen. Dann führt der Weg nicht ins Leiden, sondern in ein selbstbestimmtes Leben.“